Eine tragische und zugleich komische Erzählung zum Thema Anderssein und Ich-Findung.
Erzählungen mit ähnlichem Plot gibt es bereits, dennoch ist die Umsetzung in dieser Form dank innovativer Aspekte hervorragend gelungen. Allen voran sei die Erzählinstanz genannt, die sich selbst mehrfach geheimnisvoll beschreibt. “Also ich, ich schlafe ja nicht. Nie.” (S. 14) “Ich bin der Stein und ich bin die Assel. Gleichzeitig. Ich bin der Pilz und tausend Tonnen Humus. Ich bin groß und unsichtbar, ich bin stumm und zwitschere. Ich bin nicht zu fassen, aber wenn du die Augen zumachst, kannst du mich fühlen, ganz sicher.” (S. 27) Allwissend, mitunter fast schon überheblich und stolz, dann wieder frech und gefühlvoll, ist die Erzählinstanz auf beinahe tragische Weise in ihrer eigenen Beobachterrolle gefangen und wird neben Jonny und Butz zu einer wichtigen Figur. Indem sie sich selbst erklärend die Lesenden direkt anspricht, eignet sich das Buch im Sinne der Lehrpläne von Klassenstufe 5 und 6 besonders gut zur Auseinandersetzung über Fiktionalität. “Woher ich das alles weiß, willst du wissen? Ist gut, ich erklär’s dir.” (S. 27)
Die Bilder mit auffallend reduzierter Farbgebung in rot, blau-schwarz und weiß visualisieren eindrucksvoll die Stimmung und Situation der Protagonisten. Es ist der Illustratorin Bea Davies und allen weiteren Mitwirkenden gelungen, Text und Bild überzeugend aufeinander abzustimmen. Mittels comicartiger Elemente unterstreichen die Illustrationen den humorvollen Charakter der Erzählung.
Die sprachliche Virtuosität wird in den zahlreichen Dialogen, klanghaften Wortneuschöpfungen und bildhaften Vergleichen sichtbar. Der Text irritiert mit einer Mischung aus saloppem Umgangston und poetischen Passagen. Form und Inhalt gehen somit Hand in Hand, denn das Buch ist keine einfache Lektüre, es stellt durchaus Anforderungen an die Lesenden, die mit Leerstellen zur eigenständigen Interpretation herausgefordert werden. Damit verbunden ist die Frage nach der Altersempfehlung. Sicherlich bietet es sich als gemeinsames Vorleseerlebnis von Eltern und Kindern ab acht Jahren an und kann insbesondere im schulischen Kontext bis ins frühe Jugendalter hinein Verwendung finden.